WARSTEINER UMWELT-GIPFEL: DIE INITIATIVE OBERHAGEN VERSAMMELT VERTRETER DER UMWELTVERBÄNDE
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Vertreter
der Naturschutzverbände bei den Beratungen in der Domschänke
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Am Freitag, dem 19. Mai 2006, hatte die Initiative Oberhagen in die Domschänke eingeladen - und hochrangige Vertreter der drei klageberechtigten Umweltverbände in NRW waren erschienen:
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Im internen
Kreis wurden die Gäste zuerst über den aktuellen Stand der Planungen
und des Verfahrens informiert. Anschließend wurde über das
weitere Vorgehen beraten. Die Naturschützer äußerten allesamt
ihre Empörung über das Vorgehen der Stadt Warstein: Durch Verfahrenstricks
solle versucht werden, die eigentlich übliche und vorgeschriebene
Beteiligung des Naturschutzes zu umgehen. Ein derart unredliches Verfahren
werde man auf keinen Fall hinnehmen. |
Im Anschluss an die interne Beratung traten die Vertreter der Naturschutzverbände vor die Presse und legten ihre Sicht der Dinge dar. Prof. Wilfried Stichmann zeigte sich erstaunt darüber, dass die Stadt Warstein, die sich vor Jahren sehr kooperativ und engagiert für den Naturschutz im Oberhagen gezeigt habe, nun eine so großflächige Zerstörung des Naturschutzgebietes betreibe. Der Oberhagen sei ein ganz besonderes Naturschutzgebiet, nicht nur wegen des Uhus, nicht nur wegen der Türkenbundlilie, der Oberhagen sei das bedeutendste Naturschutzgebiet weit und breit, wegen der besonderen Zusammenballung der verschiedenen Besonderheiten, die allein, jede für sich, schon einen hohen Wert darstellten, zusammen aber die überregional herausragende Bedeutung des Gebietes ausmachten. Prof. Stichmann schloß seine Bemerkungen: "Ich hätte mir nicht vorstellen können, angesichts des Interesses der Stadt warstein, dass wir in diese Situation kommen würden." Klaus Brunsmeier betonte, dass er als Mitglied des Landschaftsbeirates bei der Bezirksregierung bereits mit dem Thema Oberhagen befaßt gewesen sei. Es sei ihm aufgefallen, dass die Stadt Warstein hier über Verfahrenstricks versuche, die Beteiligung der Naturschutzverbände zu umgehen. Für derart gravierende Maßnahmen sei aber zwingend ein entsprechendes Verfahren nötig. Er erwarte von den zuständigen Stellen, das richtige Verfahren in Gang zu setzen - notfalls auch gegen den Willen der Stadt Warstein. Das 62er Biotop (Wiese vor dem Oberhagen) würde ein solches Verfahren zwingend erforderlich machen, eine Befreiung aus dem Naturschutz und aus dem Schutz des §62 müsse im dafür üblichen Verfahren verhandelt werden - mit Beteiligung der Naturschutzverbände. Klaus Brunsmeier appellierte an die Stadt Warstein, endlich die gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensweisen einzuhalten. Notfalls müsse der Klageweg beschritten werden, um das einmalige Kleinod von herausragender überregionaler Bedeutung zu erhalten. Dr. Henning Vierhaus bezeichnete zu Beginn seines kurzen Vortrages den Oberhagen als ein "Naturschutzgebiet der Sonderklasse", für dessen Zerstörung es keine Zustimmung, keine Entlassung aus dem Naturschutz geben könne. Ein höheres Interesse als der Naturschutz im Oberhagen sei keinesfalls erkennbar. Gerade die ganz besonders "spannenden Angelegenheiten" des Oberhagens würden durch den Abbau zerstört. "Wir lassen uns nicht mit Ausgleichsmaßnahmen trösten, die von vorn herein zum Scheitern verurteilt sind." Dr. Vierhaus betonte, der Oberhagen habe Qualitäten, auf die die Stadt Warstein eigentlich stolz sein müsse und er ließ keinen Zweifel daran, dass man im Falle eines Falles den Schutz des Oberhagens auf dem Klageweg sicherstellen müsse. Zum Schluß seiner Bemerkungen unterstrich Dr. Vierhaus die Bedeutung des Oberhagens dadurch, dass er den erneuten Bruterfolg eines Uhus in der Steinbruchwand vermeldete, drei bis vier Jungvögel seien in der letzten Woche gesichtet und fotografiert worden. Fritz Schröder zeigte sich fassungslos über das Ausmaß der geplanten Zerstörungen. In der noch ´frischen´ NSG-Verordnung sei schließlich ausführlich dargestellt, warum man den Oberhagen schützen müsse. Städtebauliche und wirtschaftliche Interessen können - entsprechende Kreativität bei den Verantwortlichen vorausgesetzt - auch verwirklicht werden, ohne den Oberhagen zu zerstören. Auch Peter Hoffmann verdeutlichte den Standpunkt des Naturschutzes, dass die angedachten Ausgleichsmaßnahmen reine Augenwischerei seien. Auch der NABU sei bereit, im äußersten Fall rechtliche Schritte zum Schutz des Oberhagens einzuleiten. Auf Nachfragen von Seiten
der Presse verdeutlichte Klaus Brunsmeier,
es stehe nicht zur Debatte ob man im äußersten Falle zum
Instrument der Verbandsklage greife, geklärt werden müsse
nur, welcher Verband tatsächlich klagen werde. Auch zur Frage nach
der Sinnhaftigkeit eines Einkaufszentrums hatte Klaus Brunsmeier eine
klare Meinung: Solche Großprojekte würden immer wieder an
verschiedenen Orten angeschoben, obwohl es genügend Beispiele für
das völlige Scheitern und für verheerende Wirkung auf den
bestehenden Einzelhandel andernorts gebe. Bei solchen Projekten würden
immer nur einige wenige zu Lasten der ALlgemeinheit profitieren. Es
sei sehr wohl möglich, eine gute städtebauliche Lösung
zu finden, ohne den Oberhagen anzutasten. Zum Schluß machte Prof. Stichmann noch einmal deutlich, dass bei allen drei Verbänden die uneingeschränkte Bereitschaft zur Klage bestehe, die auch schon anspringen könne, wenn die allgemein gültigen Verfahrensregeln weiter verletzt würden. |
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Schon während der ausführlichen Pressekonferenz hatte sich der Saal mit interessierten Mitgliedern der Initiative Oberhagen gefüllt, denn direkt anschließend fand eine Mitgliederversammlung der Initiative statt. Zu Beginn der Versammlung
zeigte sich Werner Braukmann
optimistisch: Er habe schon einmal eine Flasche Sekt mitgebracht, denn
die Anzeichen, dass der Oberhagen erhalten werden könne würden
doch immer deutlicher durchsickern. Es habe Behördentermine und
Äußerungen gegeben, über die man hinter vorgehaltener
Hand interessante Details erfahren habe: Und diese Details seien für
die Stadt Warstein und das von ihr versuchte Verfahren wenig schmeichelhaft.
Noch bleibe die Flasche Sekt zwar zu, aber es sei ja bekannt, dass man
Sekt besser nicht zu lange verwahren solle...
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Die Vertreter der Verbände wurden anschließend aufgefordert noch einmal den versammelten Mitgliedern der Initiative ihre Sicht der Dinge darzulegen. Prof. Wilfried Stichmann bezeichnete sich selbst als Warner gegenüber der Stadt Warstein: Man dürfe sich nicht an diesem Kleinod vergreifen. "Ich bin überrascht, angesichts des Interesses der Stadt Warstein am Oberhagen in der Vergangenheit, dass geplant ist, solche Maßnahmen zu ergreifen, die wir nicht billigen können." Klaus
Brunsmeier äußerte
seine Verwunderung über das von der Stadt Warstein gewählte
Verfahren, eine Verfahrensweise die ganz bewußt die Naturschutzverbände
außen vor lassen solle: Das NSG nehme man ja gar nicht wirklich
in Anspruch, man betreibe ja nur ´Hangsicherung´, aber: "Auf
diesen Trick werden wir uns nicht einlassen." Wichtig sei, die Biotope
zu schützen, die da seien, nicht Ersatz und Ausgleich aus zweiter
Hand zu schaffen für zerstörte Biotope. |
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Fritz Schröder forderte die Anwesenden auf, den Politikern in Warstein "auf die Pelle" zu rücken: "Machen sie denen deutlich: Es gibt auch andere, die man wählen kann!" Vita Nolte machte den Versammelten Mut: Das Beispiel der Rettung großer und wichtiger Teile des Lörmecketals gegen die Bestrebungen der Steinindustrie zum Abbau zeige, dass man tatsächlich etwas bewegen, etwas verändern könne. Aus der Versammlung meldete sich Wolfgang Hasse vom Lörmecke-Wasserwerk zu Wort. Bisher habe die Stadt Warstein von sich aus keinen Kontakt zum Lörmecke-Wasserwerk aufgenommen, obwohl der Bullerteich in unmittelbarer Nähe der geplanten Maßnahme liege und durchaus Gefährdungen denkbar seien. Deshalb sei nun das Lörmecke-Wasserwerk von sich aus an die Stadt Warstein herangetreten um zu bewirken, dass auch die Belange des Wasserwerkes bei den Planungen in Zukunft Berücksichtigung finden. Schließlich sei es sehr wohl denkbar, dass Sprengerschütterungen die Quelle oder auch den Hochbehälter gefährden könnten. Die Vertreter der Umweltverbände standen anschließend noch lange den Mitgliedern der Initiative Rede und Antwort. Nach der Verabschiedung der Gäste stellte Stefan Enste der Versammlung den aktuellen Stand der Planungen vor. Neuer Kritikpunkt: Die Bewertung eines angeblich ´artenarmen Fichtenforstes´ am Suttroper Weg, der im landschaftpflegerischen Begleitplan als reine Fichtenkultur ohne Krautschicht vorgestellt worden war. Wilfried Kropff erläuterte spontan die geschichtlichen Hintergründe des Wäldchens und deutete an, dass es sich hier um einen schon recht gut durchmischten kleinen Wald handele. Stefan Enste konnte das nur bestätigen. Bei seiner nur kurzen Begehung des Bestandes hatte er immerhin fast 20 Baum- und Straucharten sowie eine fast im ganzen Bestand entwickelte Strauchschicht ermitteln können - was würde erst ein Fachmann alles entdecken?! Nach zwei Stunden Information und Diskussion beendete Werner Braukmann die Versammlung. Die Mitglieder der Initiative Oberhagen konnten wieder einmal im sicheren Gefühl nach Hause gehen, umfassend und gut informiert zu sein - ein Anspruch, den auch die Stadt Warstein lautstark für sich erhebt und umso kläglicher daran scheitert. Denn informieren kann nur, wer wirklich informieren will. Wer verheimlichen und hinter dem Berg halten will, dem glaubt man irgendwann gar nichts mehr. |
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