Offener Brief (Dezember 2005)

Sehr geehrter Herr Diegel,

mit Ihrer Entscheidung, einen Teil des Warsteiner Oberhagens (Naturschutzgebiet) und somit die stadtbildprägende Steinbruchwand zum Abbruch freizugeben, kann ich mich, wie viele Warsteinerinnen und Warsteiner, nicht abfinden. Und ich schreibe Ihnen diesen Offenen Brief als eine Art Wunschzettel in der stillen Hoffnung, dass sich doch irgendwie noch etwas machen lässt, um diese verhängnisvolle Entwicklung für unsere Innenstadt abzuwenden.
Naturschutz, so habe ich bislang immer ganz schlicht und laienhaft gedacht, ist eine Maßnahme, mit der man hochwertige bedrohte Naturgebiete für absolut unberührbar erklärt. In unserem dichtbesiedelten Land, in dem ständig viel zu viel Fläche verbraucht wird, ist das eine begrüßenswerte Möglichkeit, auch mal „Stopp!“ zu sagen. Und wenn dann wieder eine Straße, ein Vergnügungszentrum, ein Gewerbegebiet geplant wird oder es einen Betrieb danach gelüstet, die Schätze des Bodens auszubeuten, dann ist das eben an einigen wenigen Stellen nicht möglich!
Nun gut, auch in einem Naturschutzgebiet müssen mal Äste, die auf Wanderer herabfallen könnten, beseitigt werden. Und man soll nie „nie“ sagen: Der Naturschutz darf sich nicht menschenfeindlich auswirken – also wenn aus einer Bruchwand sich Felsteile über Vorgärten lösen könnten ... Aber sonst ist Naturschutz ein absolutes Tabu; und das ist gut so! Jede Planung muss um ein solches Gebiet einen Bogen machen! – So dachte ich jedenfalls bisher.
Umso erstaunter war ich zu erfahren, dass jetzt doch am Oberhagen munter abgetragen werden darf – und warum? Was sind die absolut zwingenden Gründe? Nun, man fasst sich an den Kopf: Es geht um einige Parkplätze für ein geplantes Einkaufszentrum! Das ist, mit Verlaub, die denkbar lächerlichste Begründung für einen derartigen Eingriff!
Warstein und seine Bewohner sind wahrlich gebeutelt genug durch den Steinabbau: Landschaftszerstörung, Sprengungen, Staub, Lärm! Dennoch – vielleicht sogar gerade deswegen – mögen wir die markante Stein-bruchwand entlang der Hauptstraße, man hat sich mit den Jahren sehr an sie gewöhnt, sie gibt unserem Stadtbild ein ganz besonderes Gepräge. Und so ist es neben dem Eingriff in das Naturschutzgebiet eine schreckliche Vorstellung, diese Wand zerstört und zusätzlich noch abgesichert zu sehen durch Schutzvorrichtungen – sicher werden große Teile der Wand auch mit Netzen bedeckt oder mit Beton abgespritzt! Es kann einen bei dieser Vorstellung nur grausen!
Sehr geehrter Herr Regierungspräsident, das geplante Einkaufszentrum wird in Warstein mit viel Skepsis gesehen, man glaubt nicht recht an einen Erfolg, aber, wie auch immer, die dafür vorgesehenen Parkplätze jedenfalls können allemal auch anders vorgehalten werden! Bitte überdenken Sie Ihre Oberhagen-Freigabe nochmals und verhindern Sie die unserer einstmals schönen Stadt drohende Totalverschandelung!

Mit freundlichen Grüßen
Werner Braukmann, Warstein