Brief (Januar 2006)

Sehr geehrter Herr Diegel,

wir erlauben uns, Sie anlässlich der heutigen Veranstaltung in Warstein auf ein anderes, drängendes Anliegen der lokalen Politik hinzuweisen – das mit dem heute verhandelten Thema durchaus in Zusammenhang steht –, nämlich auf die drohende Zerstörung des hochwertigen Naturschutzgebiets Oberhagen (samt weiterer Belastungen für die Bevölkerung) im Zuge der Realisierung des Projekts Risse-Gelände. Wir haben gerade, angeregt durch Aktivitäten der Anwohner des wiedereröffneten Steinbruchs, die parteiübergreifende Initiative Oberhagen gegründet und stellen fest, dass unser Anliegen auf überraschend großen Zuspruch in der Bevölkerung trifft. „Ihr habt in ein Wespennest gestochen“, meinte eine ältere Warsteinerin, als sie zusammen mit Hunderten von Passanten am vergangenen Samstag trotz schlechten Wetters zu unseren Ständen kam, um ihre Stimme gegen den Abriss des Oberhagen-Felsens abzugeben (derzeit sind es bereits über 750 Stimmen).
Es sind die katastrophalen Konsequenzen des Vorhabens, auf dem attraktiven Warsteiner Innenstadtgelände ein Einkaufszentrum zu errichten, die die Warsteinerinnen und Warsteiner sich empören lassen. Man fragt sich: Muss für einen Geschäfte-Park ein Naturschutzgebiet im wesentlichen Teil zerstört werden? Muss der stadtbildbestimmende Fels des Risse-Steinbruchs „dran glauben“, d. h. abgesprengt werden und eine absehbar wenig ansehnliche neue Gestaltung erfahren? Müssen die lebensgefährlichen Sprengungen mitten in der Stadt wiederaufgenommen werden, die vor 30 Jahren wegen Unzumutbarkeit eingestellt wurden? Das sind nur drei der vielen Fragen, die sich den Warsteiner Bürgern stellen, da ihnen jetzt erst richtig die verheerenden Folgen des Generationenvertrags mit der Fa. Risse bewusst werden. (Hinzu kommen die Gefährdung alter, bis ins Mittelalter zurückreichender Erzstollen im Oberhagen, die möglichen Risiken für die Wasserversorgung durch im Berg lagernde verdächtige Müllablagerungen, die Steigerung des Verkehrs in der Innenstadt und in bruchnahen Wohngebieten, die Verzögerung, die der Tunnel (B 55n) erfährt, der Dreck, der Lärm usw.)
Und wofür das alles? Weil ein Parkraum benötigt werde, sagen die Planer, der Straße und Schiene so nah an die Felswand rücke, dass man zu „Felssicherungsmaßnahmen“ sich gezwungen sieht, die nicht erforderlich wären, würde man sich trauen, den potentiellen Investoren flächensparend eine Parkpalette zuzumuten. – Soll das Stadtbild irreversible Schäden erfahren (und die Bevölkerung mit Risiken belastet werden), nur wegen der paar Parkplätze eines, um es milde auszudrücken, sehr umstrittenen Einkaufszentrums?
Dieses Einkaufszentrum nämlich findet bei der überwiegenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, die sich bei uns meldeten – und das ist erst der Anfang einer Unmutsbewegung in der Bevölkerung! –, nicht den geringsten Anklang (wie gesagt, von den Weiterungen abgesehen, spräche ja gegen dieses Investorenvorhaben an sich nichts, nur ist das Ladensterben in Warstein mittlerweile so weit gediehen, dass nur wenige in neuen Geschäften am Rande der Innenstadt ohne besondere Attraktionen – mit Lebensmittelmärkten sind wir überdurchschnittlich versorgt – einen Belebungsversuch sehen, eher im Gegenteil!)

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident, heute geht es in Warstein um die Steinfluggefährdung am Piusberg. Trotz gutachterlich bescheinigter Unbedenklichkeit flogen vor einigen Tagen Steine über 200 Meter weit, filmreif, über den Piusberg hinweg! Bürgermeister Gödde forderte daraufhin eine 300-Meter-Schutzzone. Diese Schutzzone müsste, so meinen wir, in der Innenstadt ja wohl erst recht gelten, nach unseren Berechnungen liegen in diesem Radius rund 70 Häuser (einschließlich der Marktkauf-Gebäude).

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident, wir können Sie nur bitten, Ihren Einfluss geltend zu machen, um angesichts der massiven Probleme, die dieses Warsteiner Planungsvorhaben mit sich bringt, zusammen mit den beteiligten Instanzen nach Alternativen zu suchen.

Mit freundlichen Grüßen

INITIATIVE OBERHAGEN

Marlies Feldhege
Jürgen Wied
Elke Ibing
Werner Braukmann