Einmalig
und unersetzbar
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Erhalten
den öffentlichen Druck aufrecht: Auch die Versammlung der Initiative
Oberhagen gestern war wieder sehr gut besucht - für Vorsitzenden
Werner Braukmann ein Zeichen, "wie stark dieses Thema berührt".
Foto: Armin Obalski |
Warstein.
Merkwürdigkeiten und Tricks haben Dr. Oliver Frank, Anwalt der Initiative
Oberhagen, und der von ihr beauftragte Umweltsachverständige Dr.
Karl-Heinz Loske im Verfahren um den Abbruch der Oberhagen-Wand entdeckt.
Gestern berieten sie mit den Betroffenen über das weitere Vorgehen.
"Wir haben es geschafft,
den Bauantrag einzusehen", verkündete der Vorsitzende der Initiative,
Werner Braukmann. Wie ausführlich der Einblick in die Antragsunterlagen
der Firma Risse für das Vorhaben am Oberhagen war, ließ Braukmann
offen, verriet aber, dass dabei Zeit wirklich Geld war, wurden doch für
jede angefangene halbe Stunde 17 Euro Gebühren fällig.
Einen "Trick so
zu verfahren" nannte Rechtsanwalt Dr. Frank das Ausgeben des Abbruchs
der Steilwand als Böschungssicherung, die nach einer Änderung
2005 nicht mehr von der von der Naturschutzverordnung erfasst werde. "Eine
Böschungssicherung sieht allerdings nicht so aus, dass man einen
großen Teil wegsprengt." Daher hält er auch keine Bau-,
sondern eine Abgrabungsgenehmigung durch die Bezirksregierung für
erforderlich.
Gute Chancen für
die Anwohner, sich zu wehren, sah der Rechtsexperte im Gefährdungspotenzial
durch Steinflug bei den Sprengungen an der Wand, weil die geforderten
300 Meter Mindestabstand zur Bebauung deutlich unterschritten werden.
"Diese Gefährdung kann man nicht einfach so mit einem Gutachten
beiseitewischen." Da formale Widersprüche erst nach erteilter
Genehmigung eingelegt werden können, riet er allen Betroffenen vorab
ihre Bedenken bei der Stadt schriftlich einzureichen.
"Der Naturschutz
ist die schärfste Waffe, die man bringen kann", erklärte
Dr. Loske mit Blick auf den Oberhagen als "etwas Einmaliges, Hochwertiges,
Unersetzbares". Als "merkwürdig" bezeichnete er nach
Akteneinsicht, dass der landschaftspflegerische Begleitplan von der Stadt
als Genehmigungsbehörde selbst erstellt worden sei. Loske nannte
den Eingriff in die Natur "nach anerkannten Bewertungsverfahren nicht
genehmigungsfähig". Eine Zuhörerin wurde deutlicher: "Ich
halte das Ganze für den kompletten Wahnsinn."
Es habe den Anschein,
als sei die Initiative nur als Verhinderer aktiv, formulierte ein anderer
Gast und forderte, selbst kreativ zu werden und aufzuzeigen, was geschehen
müsse, damit der Oberhagen unangetastet bleibt. Dem stimmten Vorstand
und Anwalt zu. Inzwischen habe es mit einem Mitglied der Familie Risse
ein Gespräch gegeben, erklärte Braukmann, ohne sich zum Ergebnis
zu äußern. Allerdings müsse man den öffentlichen
Druck aufrecht erhalten. "Dann wird Stadt und Risse deutlich werden,
dass es mit dem Kopf durch die Wand nicht geht", so Beisitzer Stefan
Enste.
18.04.2006
Von Armin Obalski
Westfalenpost
/ Westfälische Rundschau vom 19. April 2006
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Initiative
zahlt für Einsicht in Antrag
Stadt berechnet 17 Euro pro halbe Stunde
Rechtsanwalt überzeugt: Verfahren falsch
Von Dirk
Lankowski
Warstein
Mit weiterem "Fachpersonal" an Bord will die Initiative Oberhagen
ihren Druck auf die Stadt Warstein und die Firma Risse verstärken.
Neben dem Umweltsachverständigen Dr. Karl-Heinz Loske wurde jetzt
Dr. Oliver Frank aus Lippstadt als Anwalt für die Initiative engagiert.
Er hatte bei der Versammlung im Lindenhof am Dienstagabend Gelegenheit,
eine erste Bewertung der Lage abzugeben.
Einige Neuigkeiten, aber vor allem viel mehr Details über die Pläne
für das Risse-Gelände, erfuhren die über 50 interessierten
Mitglieder und Gäste. "Wir wundern uns wieder einmal, wie stark
der Besuch ist", freute sich Werner Braukmann, Vorsitzender des Vereins.
Zu Beginn warf Braukmann einen Blick zurück auf die Bürgerinformation
in der Sauerlandhalle: "Die meisten von uns sind jetzt gut informiert.
Doch unsere Seite - die Gegnerschaft - hat einen Sieg errungen, denn die
Veranstaltung war eine Blamage für die Projektmanager", erklärte
Braukmann die Initiative zum eigentlichen Sieger der Veranstaltung. Nach
dem Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit müsse nun auch den Abbruchplänen
der Felswand Einhalt geboten werden.
Dazu sei Rechtsanwalt Dr. Frank Einlass in die "Heiligen Hallen"
gewährt worden, so Braukmann. Allerdings sei dies ein teures Unterfangen
gewesen. Für jede angefangene halbe Stunde habe die Initiative 17
Euro an die Verwaltung bezahlen müssen. Dr. Frank arbeitete den gesamten
Antrag durch und schaute sich auch das 80-seitige sprengtechnische Gutachten
an, ohne ganz wesentliche neue Erkenntnisse zu erhalten. Allerdings durfte
nichts kopiert werden.
Mit "Raffinesse" habe man im Grunde das falsche Verfahren gewählt,
so Dr. Frank. So gehe es hier nur um Böschungssicherung. Aus seiner
Sicht aber handele es sich eindeutig um eine Abgrabung. "Eine Böschungssicherung
sieht nicht so aus, dass man einen großen Teil der Wand wegsprengt."
Frank hält deshalb eindeutig eine Abgrabungsgenehmigung durch die
Bezirksregierung für erforderlich. Schließlich gehe es um Emissionsschutz.
Dr. Frank erläuterte, dass man der Stadt deutlich machen müsse,
dass sich die Bürger sorgen. Die Chancen, sich zu wehren, seien nicht
gering, schließlich bestehe ein großes Gefährdungspotenzial
durch Steinflug.
Erst nach Erteilung der Genehmigung sehe das Verfahren das Einlegen von
Widersprüchen vor. Dr. Frank riet allerdings, schon jetzt bei der
Stadt Bedenken schriftlich einzureichen. Damit zeige man das Befinden
der Bevölkerung. "Die Bürger können ab morgen die
Stadt mit ihren Bedenken torpedieren", brachte es ein Besucher auf
den Punkt.
Werner Braukmann freute sich über die gute Arbeit von Dr. Frank:
"Zuversicht und Optimismus, das ist das, was wir brauchen."
Auch Umweltsachverständiger Dr. Loske hatte einige Tipps für
die Initiative: "Der Naturschutz ist die schärfste Waffe, die
man bringen kann", erklärte er mit Blick auf die seltenen Pflanzen
im Oberhagen, die zerstört würden. Im landschaftspflegerischen
Begleitplan, der von der Stadt als Genehmigungsbehörde selbst erstellt
werde, seien Mängel zu erkennen, denn mit Bermen als Ersatzbiotopen,
Aufforstungen in Drewer sowie der Anpflanzung eines Eichenwaldes unterhalb
des Oberhagens seien die Zerstörungen nicht rückgängig
zu machen. Bei Klagen gegen den Abbau würden dann auch die großen
Umweltverbände mitmachen.
"Ich halte das Ganze für den kompletten Wahnsinn", brachte
es eine aufgebrachte Warsteinerin auf den Punkt. Doch nicht nur die Kritik
am Vorgehen der Stadt wurde laut, so fragte auch ein Anwesender nach der
Rolle der Initiative. "Mir scheint es, als sei die Initiative nur
als Bremser und Verhinderer aktiv", machte er seine Bedenken über
das Vorgehen deutlich. Man müsse kreativ werden und Vorschläge
machen, um zu zeigen, was geschehen müsse, damit der Oberhagen bleibt.
So sollte der Bau der B55n vorangetrieben werden. Die Firma Risse könne
doch auf ihrem Grundstück machen, was sie wollte. "Unsere Kreativität
könnte in die Planung einfließen, vielleicht kann man ja noch
etwas an den Plänen des Architekten drehen", schlug der Besucher
der Veranstaltung vor. Werner Braukmann verteidigte das Vorgehen: "Wenn
wir vor acht Wochen friedlich gewesen wären, dann hätten wir
nicht den Erfolg wie jetzt." Stefan Enste zeigte sich überzeugt,
dass die Stadt irgendwann erkennen werde: "Wir können nicht
mit dem Kopf durch die Wand".
Warsteiner Anzeiger
vom 20. April 2006
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"Wollten
nichts erschweren"
Bürgermeister Gödde erfuhr aus Zeitung von Gebührenerhebung
für Akteneinsicht
WARSTEIN ·
Mehr als einen Monat lang liegt der Bauantrag zum Oberhagen-Abbau nun
schon im Rathaus. Der "Initiative Oberhagen" versicherte Bürgermeister
Manfred Gödde immer wieder, genau wie die Fraktionen Einsicht in
die Unterlagen zu bekommen. Doch noch immer hat das Rathaus keine Unterlagen
weiter gegeben. Wann und in welcher Form dies erfolge, werde erst am Montag
geklärt, wenn Beigeordneter Hoffmann aus dem Urlaub zurückkehre,
so gestern Manfred Gödde auf Anfrage unserer Zeitung. Als Rechtsanwalt
Dr. Frank und Umwelt-Sachverständiger Dr. Karl-Heinz Loske, Vertreter
der Initiative, nun doch im Rathaus vorstellig wurden, um endlich Informationen
zu dem Antragspaket zu erhalten, erhielten sie zwar die Einsicht, wurden
aber zur Kasse gebeten. Sachgebietsleiter Willi Dicke stellte den Vertretern
der Initiative Oberhagen 17 Euro pro angefangener halber Stunde Akteneinsicht
in Rechnung.
Die Akteneinsicht sei aufgrund des "Gesetzes über die Freiheit
des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen"
erbeten worden, so gestern Willi Dicke. In diesem Fall seien "Verwaltungsgebühren
zwingend zu erheben." Die Stadt habe sich bei der Ausgestaltung an
ihrer eigenen Verwaltungsgebührensatzung orientiert. "Wir hätten
einen Spielraum von 10 bis 500 Euro gehabt, den wir aber ganz bewusst
nicht ausgeschöpft haben", begründete Willi Dicke. 17 Euro
pro angefangener halber Stunde sei vor diesem Hintergrund ein "moderater
Satz". Die beiden Vertreter der Initiative hätten ihre Zustimmung
erklärt. Die Verwaltung habe "jede Hilfe angeboten". Kopien
seien allerdings nicht erlaubt gewesen. "Die Herren haben sich einige
Dinge herausgeschrieben."
Andere Möglichkeiten
der Akteneinsicht habe es nicht gegeben, so Willi Dicke. "Wir müssen
Recht und Gesetz beachten. Es geht nicht darum, über diesen Umweg
etwas zu erschweren." Bürgermeister Gödde erfuhr von der
Erhebung der Gebühren aus der Zeitung, verwies aber auf die Gesetzeslage.
· gr
Warsteiner Anzeiger
vom 21. April 2006
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Die
Woche ist um
Von Jens Hippe
Das Thema Oberhagen
und Risse-Gelände ist ein äußerst sensibles, der Graben
zwischen Gegnern und Befürwortern ist tief. Von Kompromissbereitschaft
und Entgegenkommen ist bei beiden Partien kaum etwas zu merken. Im Gegenteil
- da werden jetzt von Seiten der Stadtverwaltung Paragraphen bemüht,
um den Spaten noch tiefer ins Erdreich zu stoßen. 17 Euro pro angefangener
halber Stunde Akteneinsicht wird da den Experten der Initiative Oberhagen
in Rechnung gestellt. Und das sei ja noch kulant, denn die Verwaltungsgebührensatzung
hätte ja auch einen Betrag von bis zu 500 Euro Höhe zugelassen.
Das Verbot, Kopien anzufertigen, wird ebenfalls mit der Beachtung von
„Recht und Gesetz" begründet - man wolle der Initiative
nichts erschweren. Die Initiative Oberhagen hat gezahlt - für eine
Akteneinsicht, die ihr seit langem vom Bürgermeister versprochen
und von ihm nicht an die Zahlung einer Gebühr gekoppelt war. Die
Initiative Oberhagen hat Passagen aus den Akten herausgeschrieben und
damit nichts anderes gemacht als Kopien - nur eben handschriftlich. Dadurch
ist sie jetzt auf dem neuesten Stand in Sachen Oberhagen und RisseGelände.
Einem Stand, auf den die Fraktionen und Ratsmitglieder bislang vergeblich
warten, denn auch einen Monat nachdem der Bauantrag zum Oberhagen-Abbau
im Rathaus vorliegt, liegen ihnen die versprochenen Akten nicht vor. Ob
ihnen wohl auch 17 Euro berechnet würden, wenn sie jetzt im Rathaus
vorstellig würden und Akteneinsicht verlangten? Aber vielleicht fragen
sie einfach bei der Initiative Oberhagen nach, vielleicht stellt die ihnen
diese Informationen ja zur Verfügung - kostenlos, eben kulant.
Kommentar im
Warsteiner Anzeiger vom 22. April 2006
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