PRESSESCHAU ZUM 18. APRIL 2006

Einmalig und unersetzbar

Erhalten den öffentlichen Druck aufrecht: Auch die Versammlung der Initiative Oberhagen gestern war wieder sehr gut besucht - für Vorsitzenden Werner Braukmann ein Zeichen, "wie stark dieses Thema berührt". Foto: Armin Obalski

Warstein. Merkwürdigkeiten und Tricks haben Dr. Oliver Frank, Anwalt der Initiative Oberhagen, und der von ihr beauftragte Umweltsachverständige Dr. Karl-Heinz Loske im Verfahren um den Abbruch der Oberhagen-Wand entdeckt. Gestern berieten sie mit den Betroffenen über das weitere Vorgehen.
"Wir haben es geschafft, den Bauantrag einzusehen", verkündete der Vorsitzende der Initiative, Werner Braukmann. Wie ausführlich der Einblick in die Antragsunterlagen der Firma Risse für das Vorhaben am Oberhagen war, ließ Braukmann offen, verriet aber, dass dabei Zeit wirklich Geld war, wurden doch für jede angefangene halbe Stunde 17 Euro Gebühren fällig.
Einen "Trick so zu verfahren" nannte Rechtsanwalt Dr. Frank das Ausgeben des Abbruchs der Steilwand als Böschungssicherung, die nach einer Änderung 2005 nicht mehr von der von der Naturschutzverordnung erfasst werde. "Eine Böschungssicherung sieht allerdings nicht so aus, dass man einen großen Teil wegsprengt." Daher hält er auch keine Bau-, sondern eine Abgrabungsgenehmigung durch die Bezirksregierung für erforderlich.
Gute Chancen für die Anwohner, sich zu wehren, sah der Rechtsexperte im Gefährdungspotenzial durch Steinflug bei den Sprengungen an der Wand, weil die geforderten 300 Meter Mindestabstand zur Bebauung deutlich unterschritten werden. "Diese Gefährdung kann man nicht einfach so mit einem Gutachten beiseitewischen." Da formale Widersprüche erst nach erteilter Genehmigung eingelegt werden können, riet er allen Betroffenen vorab ihre Bedenken bei der Stadt schriftlich einzureichen.
"Der Naturschutz ist die schärfste Waffe, die man bringen kann", erklärte Dr. Loske mit Blick auf den Oberhagen als "etwas Einmaliges, Hochwertiges, Unersetzbares". Als "merkwürdig" bezeichnete er nach Akteneinsicht, dass der landschaftspflegerische Begleitplan von der Stadt als Genehmigungsbehörde selbst erstellt worden sei. Loske nannte den Eingriff in die Natur "nach anerkannten Bewertungsverfahren nicht genehmigungsfähig". Eine Zuhörerin wurde deutlicher: "Ich halte das Ganze für den kompletten Wahnsinn."
Es habe den Anschein, als sei die Initiative nur als Verhinderer aktiv, formulierte ein anderer Gast und forderte, selbst kreativ zu werden und aufzuzeigen, was geschehen müsse, damit der Oberhagen unangetastet bleibt. Dem stimmten Vorstand und Anwalt zu. Inzwischen habe es mit einem Mitglied der Familie Risse ein Gespräch gegeben, erklärte Braukmann, ohne sich zum Ergebnis zu äußern. Allerdings müsse man den öffentlichen Druck aufrecht erhalten. "Dann wird Stadt und Risse deutlich werden, dass es mit dem Kopf durch die Wand nicht geht", so Beisitzer Stefan Enste.

18.04.2006 Von Armin Obalski

Westfalenpost / Westfälische Rundschau vom 19. April 2006

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Initiative zahlt für Einsicht in Antrag
Stadt berechnet 17 Euro pro halbe Stunde
Rechtsanwalt überzeugt: Verfahren falsch

Von Dirk Lankowski

Warstein Mit weiterem "Fachpersonal" an Bord will die Initiative Oberhagen ihren Druck auf die Stadt Warstein und die Firma Risse verstärken. Neben dem Umweltsachverständigen Dr. Karl-Heinz Loske wurde jetzt Dr. Oliver Frank aus Lippstadt als Anwalt für die Initiative engagiert. Er hatte bei der Versammlung im Lindenhof am Dienstagabend Gelegenheit, eine erste Bewertung der Lage abzugeben.
Einige Neuigkeiten, aber vor allem viel mehr Details über die Pläne für das Risse-Gelände, erfuhren die über 50 interessierten Mitglieder und Gäste. "Wir wundern uns wieder einmal, wie stark der Besuch ist", freute sich Werner Braukmann, Vorsitzender des Vereins.
Zu Beginn warf Braukmann einen Blick zurück auf die Bürgerinformation in der Sauerlandhalle: "Die meisten von uns sind jetzt gut informiert. Doch unsere Seite - die Gegnerschaft - hat einen Sieg errungen, denn die Veranstaltung war eine Blamage für die Projektmanager", erklärte Braukmann die Initiative zum eigentlichen Sieger der Veranstaltung. Nach dem Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit müsse nun auch den Abbruchplänen der Felswand Einhalt geboten werden.
Dazu sei Rechtsanwalt Dr. Frank Einlass in die "Heiligen Hallen" gewährt worden, so Braukmann. Allerdings sei dies ein teures Unterfangen gewesen. Für jede angefangene halbe Stunde habe die Initiative 17 Euro an die Verwaltung bezahlen müssen. Dr. Frank arbeitete den gesamten Antrag durch und schaute sich auch das 80-seitige sprengtechnische Gutachten an, ohne ganz wesentliche neue Erkenntnisse zu erhalten. Allerdings durfte nichts kopiert werden.
Mit "Raffinesse" habe man im Grunde das falsche Verfahren gewählt, so Dr. Frank. So gehe es hier nur um Böschungssicherung. Aus seiner Sicht aber handele es sich eindeutig um eine Abgrabung. "Eine Böschungssicherung sieht nicht so aus, dass man einen großen Teil der Wand wegsprengt."
Frank hält deshalb eindeutig eine Abgrabungsgenehmigung durch die Bezirksregierung für erforderlich. Schließlich gehe es um Emissionsschutz. Dr. Frank erläuterte, dass man der Stadt deutlich machen müsse, dass sich die Bürger sorgen. Die Chancen, sich zu wehren, seien nicht gering, schließlich bestehe ein großes Gefährdungspotenzial durch Steinflug.
Erst nach Erteilung der Genehmigung sehe das Verfahren das Einlegen von Widersprüchen vor. Dr. Frank riet allerdings, schon jetzt bei der Stadt Bedenken schriftlich einzureichen. Damit zeige man das Befinden der Bevölkerung. "Die Bürger können ab morgen die Stadt mit ihren Bedenken torpedieren", brachte es ein Besucher auf den Punkt.
Werner Braukmann freute sich über die gute Arbeit von Dr. Frank: "Zuversicht und Optimismus, das ist das, was wir brauchen." Auch Umweltsachverständiger Dr. Loske hatte einige Tipps für die Initiative: "Der Naturschutz ist die schärfste Waffe, die man bringen kann", erklärte er mit Blick auf die seltenen Pflanzen im Oberhagen, die zerstört würden. Im landschaftspflegerischen Begleitplan, der von der Stadt als Genehmigungsbehörde selbst erstellt werde, seien Mängel zu erkennen, denn mit Bermen als Ersatzbiotopen, Aufforstungen in Drewer sowie der Anpflanzung eines Eichenwaldes unterhalb des Oberhagens seien die Zerstörungen nicht rückgängig zu machen. Bei Klagen gegen den Abbau würden dann auch die großen Umweltverbände mitmachen.
"Ich halte das Ganze für den kompletten Wahnsinn", brachte es eine aufgebrachte Warsteinerin auf den Punkt. Doch nicht nur die Kritik am Vorgehen der Stadt wurde laut, so fragte auch ein Anwesender nach der Rolle der Initiative. "Mir scheint es, als sei die Initiative nur als Bremser und Verhinderer aktiv", machte er seine Bedenken über das Vorgehen deutlich. Man müsse kreativ werden und Vorschläge machen, um zu zeigen, was geschehen müsse, damit der Oberhagen bleibt. So sollte der Bau der B55n vorangetrieben werden. Die Firma Risse könne doch auf ihrem Grundstück machen, was sie wollte. "Unsere Kreativität könnte in die Planung einfließen, vielleicht kann man ja noch etwas an den Plänen des Architekten drehen", schlug der Besucher der Veranstaltung vor. Werner Braukmann verteidigte das Vorgehen: "Wenn wir vor acht Wochen friedlich gewesen wären, dann hätten wir nicht den Erfolg wie jetzt." Stefan Enste zeigte sich überzeugt, dass die Stadt irgendwann erkennen werde: "Wir können nicht mit dem Kopf durch die Wand".

Warsteiner Anzeiger vom 20. April 2006

"Wollten nichts erschweren"
Bürgermeister Gödde erfuhr aus Zeitung von G
ebührenerhebung für Akteneinsicht

WARSTEIN · Mehr als einen Monat lang liegt der Bauantrag zum Oberhagen-Abbau nun schon im Rathaus. Der "Initiative Oberhagen" versicherte Bürgermeister Manfred Gödde immer wieder, genau wie die Fraktionen Einsicht in die Unterlagen zu bekommen. Doch noch immer hat das Rathaus keine Unterlagen weiter gegeben. Wann und in welcher Form dies erfolge, werde erst am Montag geklärt, wenn Beigeordneter Hoffmann aus dem Urlaub zurückkehre, so gestern Manfred Gödde auf Anfrage unserer Zeitung. Als Rechtsanwalt Dr. Frank und Umwelt-Sachverständiger Dr. Karl-Heinz Loske, Vertreter der Initiative, nun doch im Rathaus vorstellig wurden, um endlich Informationen zu dem Antragspaket zu erhalten, erhielten sie zwar die Einsicht, wurden aber zur Kasse gebeten. Sachgebietsleiter Willi Dicke stellte den Vertretern der Initiative Oberhagen 17 Euro pro angefangener halber Stunde Akteneinsicht in Rechnung.
Die Akteneinsicht sei aufgrund des "Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen" erbeten worden, so gestern Willi Dicke. In diesem Fall seien "Verwaltungsgebühren zwingend zu erheben." Die Stadt habe sich bei der Ausgestaltung an ihrer eigenen Verwaltungsgebührensatzung orientiert. "Wir hätten einen Spielraum von 10 bis 500 Euro gehabt, den wir aber ganz bewusst nicht ausgeschöpft haben", begründete Willi Dicke. 17 Euro pro angefangener halber Stunde sei vor diesem Hintergrund ein "moderater Satz". Die beiden Vertreter der Initiative hätten ihre Zustimmung erklärt. Die Verwaltung habe "jede Hilfe angeboten". Kopien seien allerdings nicht erlaubt gewesen. "Die Herren haben sich einige Dinge herausgeschrieben."
Andere Möglichkeiten der Akteneinsicht habe es nicht gegeben, so Willi Dicke. "Wir müssen Recht und Gesetz beachten. Es geht nicht darum, über diesen Umweg etwas zu erschweren." Bürgermeister Gödde erfuhr von der Erhebung der Gebühren aus der Zeitung, verwies aber auf die Gesetzeslage. · gr

Warsteiner Anzeiger vom 21. April 2006

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Die Woche ist um
Von Jens Hippe

Das Thema Oberhagen und Risse-Gelände ist ein äußerst sensibles, der Graben zwischen Gegnern und Befürwortern ist tief. Von Kompromissbereitschaft und Entgegenkommen ist bei beiden Partien kaum etwas zu merken. Im Gegenteil - da werden jetzt von Seiten der Stadtverwaltung Paragraphen bemüht, um den Spaten noch tiefer ins Erdreich zu stoßen. 17 Euro pro angefangener halber Stunde Akteneinsicht wird da den Experten der Initiative Oberhagen in Rechnung gestellt. Und das sei ja noch kulant, denn die Verwaltungsgebührensatzung hätte ja auch einen Betrag von bis zu 500 Euro Höhe zugelassen. Das Verbot, Kopien anzufertigen, wird ebenfalls mit der Beachtung von „Recht und Gesetz" begründet - man wolle der Initiative nichts erschweren. Die Initiative Oberhagen hat gezahlt - für eine Akteneinsicht, die ihr seit langem vom Bürgermeister versprochen und von ihm nicht an die Zahlung einer Gebühr gekoppelt war. Die Initiative Oberhagen hat Passagen aus den Akten herausgeschrieben und damit nichts anderes gemacht als Kopien - nur eben handschriftlich. Dadurch ist sie jetzt auf dem neuesten Stand in Sachen Oberhagen und RisseGelände. Einem Stand, auf den die Fraktionen und Ratsmitglieder bislang vergeblich warten, denn auch einen Monat nachdem der Bauantrag zum Oberhagen-Abbau im Rathaus vorliegt, liegen ihnen die versprochenen Akten nicht vor. Ob ihnen wohl auch 17 Euro berechnet würden, wenn sie jetzt im Rathaus vorstellig würden und Akteneinsicht verlangten? Aber vielleicht fragen sie einfach bei der Initiative Oberhagen nach, vielleicht stellt die ihnen diese Informationen ja zur Verfügung - kostenlos, eben kulant.

Kommentar im Warsteiner Anzeiger vom 22. April 2006

Karrikatur im Warsteiner Anzeiger vom 22. April 2006

 

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