NEUE PLÄNE

MIT K(L)EINEM EINGRIFF IN DEN OBERHAGEN

 

Skizze zur neuen Planung
(selbst erstellte Skizze, keine ´amtliche Planungsunterlage´!)

In der Sitzung des Rates der Stadt Warstein am Montag, 18. Juni 2007, wurde eine vollkommen überarbeitete Planung für eine Lösung der Probleme im Zusammenhang Risse-Gelände/Oberhagen/B55n vorgestellt. An die Stelle der bisher als alternativlos dargestellten Abbau-Eingriffe tritt nun ein insgesamt ca. 30 Meter tiefer Sicherheitsabstand zwischen der bestehenden Wand und der ersten genutzten Fläche, der Bahntrasse. In der Mitte soll zudem ein fast 20 Meter breites Fallbett entstehen, das mit Material gefüllt wird, das in der Lage ist, einschlagende Steine ´abzufangen´, zu verhindern, dass diese Steine weiter ins Gelände hineingeschleudert werden. Das Fallbett müßte ca. 3 Meter tief in das bestehende Gelände eingetieft werden. An der Wand-abgewandten Seite sollen mit Erde gefüllte Schachtringe einen Prallschutz auch gegen größere Steinschläge sicherstellen. Diese Schachtringe werden wiederum von einer massiven Beton-Mauer gestützt. Zur Bahn und zur Straße ist weiterhin noch ein Steinschlag-Zaun vorgesehen, als ´letzte Sicherheit´

Um den Flächenverlust auszugleichen, der durch den Sicherheitsabstand entsteht, soll auf die bisher geplante innerstädtische Entlastungsstrasse im Bereich des Risse-Geländes verzichtet werden. Weiterhin ist der Abbau eines (wohl großen) Teils des ´Unterhagens´ vorgesehen, nach unseren Informationen ist etwa die Hälfte der Gesamtfläche des Unterhagens zum Abbau vorgesehen (1.500 qm von etwas über 3.000 qm des derzeitigen Unterhagens). In der nebenstehenden Skizze sind ca. 1.500 qm des Unterhagens ´abgebaut´ - zur Verdeutlichung der Schwere des Eingriffs.
Weiterhin sieht es so aus, dass man - anders als in den Berichten zur Ratssitzung zu lesen - den Oberhagen eben nicht völlig ungeschoren lässt. Wohl auf Anregung von Strassen.nrw ist geplant, die ´Nase´, also die Südwest-Ecke des Oberhagens in etwa dem Umfang abzubauen und zu sichern, wie in der ursprünglichen Planung des sogenannten ´Generationenvertrages´ vorgesehen war. Eine Fläche von 1.500 qm wurde genannt - was das bedeuten könnte, ist in der nebenstehenden Skizze verdeutlicht (das ist aber ganz ausdrücklich eine Spekulation, bei der einzig die Fläche von 1.500 qm stimmt).

Negative Aspekte:

Es bleiben bei dieser Planung durchaus schwere Bauchschmerzen: Der Abbau der ´Nase´ baut eben gerade die besonders wertvollen Bereiche im Oberhagen ab. Botanisch hätte das wohl den Verlust der Orchideen-Art Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) zur Folge. Nachdem die Aufräumarbeiten nach dem Sturm Kyrill einen Sekundärstandort im Warsteiner Wald vernichtet haben, würde der Abbau des Oberhagens den letzten Standort dieser seltenen Orchideenart (Rote Liste NRW 3 - gefährdet) auf weiter Fläche vernichten. Auch etliche Exemplare der Türkenbundlilie (Lilium martagon) würden vernichtet werden.

Der Abbau des Gesteins würde ´von oben´ erfolgen. Baufahrzeuge würden zusätzliche Schäden außerhalb des eigentlichen Eingriffsbereichs verursachen.

Der Aushub des Fallgrabens bedeutet eine sehr starke Annäherung an das Grundwasser - und das nur gute 100 Meter von der Quellfassung Bullerteich entfernt.

Die großflächigen Zerstörungen des Unterhagens können möglicherweise ebenfalls den Verlust von interessanten Pflanzen bedeuten. Die Initiative Oberhagen hatte im vergangenen Jahr dort eine Restpopulation von Türkenbundlilien und Berberitze, sowie zahlreiche andere typische ´Oberhagen-Pflanzen´ (Waldmeister, Weißwurz, Efeu, Frühlings-Platterbse, Maiglöckchen) festgestellt.

Positive Aspekte:

Vor allem eines ist zu sagen: Es geht also offensichtlich doch anders. Und genau das freut uns besonders, denn das war von Anfang an die Position der Initiative Oberhagen. Wir möchten daran erinnern, dass es gerade einmal ein Jahr her ist, dass der damalige Technische Beigeordnete der Stadt Warstein, Herr Hoffmann, schriftlich erklärte: "Gibt es Alternativen? Nein – realistisch gesehen nicht!" (Lesertagebuch des Warsteiner Anzeigers vom 23. Mai 2006). Das - und leider nicht nur das - war ganz offensichtlich falsch. Es gibt Möglichkeiten, die verschiedenen Interessen (zuerst einmal im Risse-Gelände selbst: Straße - Bahn - Einkaufszentrum) auszugleichen. Bisher ist ja noch nicht einmal eine wesentliche Verkleinerung des Einkaufsszentrums angedacht worden! Das gibt uns die Hoffnung, dass man zu einer Lösung kommen könnte, die noch deutlich umweltverträglicher ist. Wie groß ´muß´ das Einkaufszentrum denn wirklich sein, wie viele Parkplätze werden denn wirklich gebraucht (tatsächlich 650, wie auf der Planskizze vom letzten Jahr eingetragen waren?- doch wohl nicht wirklich...).
Sollte sich der Abbau der ´Nase´ aber tatsächlich als unumgänglich und auch in der angedachten Größenordnung als notwendig erweisen, so bleibt der Trost, dass es sich hier um einen Bereich handelt, in dem verläßlich geplant werden kann, in dem keine Überraschungen zu erwarten sind. An einer zentralen Stelle der bis vor kurzem ja angeblich alternativlosen Planung hatte es geheissen: "Anpassung der Felsböschung nach Feststellung der Gebirgsverhältnisse in der Örtlichkeit" - damit muß an der ´Nase´ nicht gerechnet werden.
Positiv ist, dass dieser Eingriff - trotz seiner immer noch großen und schädlichen Wirkung - eben nur eine Teil-Zerstörung bedeutet. Die vorherige Planung hätte die ganze Steinbruchkante abgebaut, damit wären ganze Pflanzengesellschaften und Biotop-Typen vollständig vernichtet worden. Man darf hoffen, dass dieser räumlich deutlich begrenztere Eingriff den Pflanzen Möglichkeiten zum Aus- und Zurückweichen läßt.

Bei alledem ist festzuhalten: Das ist erst der Anfang, ein erster Entwurf. Viele Instanzen werden diesen Entwurf prüfen und auch ändern wollen. Wir haben die Hoffnung, dass am Ende eine Lösung steht, die tatsächlich unserer Forderung "Hände weg vom Oberhagen" entspricht und die dennoch auch den anderen Interessen gerecht wird: der Lösung der Warsteiner Verkehrs-Probleme und der sinnvollen Nutzung einer Industrie-Brache mitten in Warstein.

Linie

Kleine Zugabe:

Die Zeiten ändern sich - die Bewertungen auch

Eine schöne Kleinigkeit am Rande spiegelt sich in der Bewertung der Initiative Oberhagen in den Kommentaren des Redakteurs R. Grosselohmann vom Warsteiner Anzeiger. Im Februar 2006 stellte die Initiative noch eine ernste Gefahr für die Zukunft der Stadt Warstein dar, mittlerweile darf sie als Paradebeispiel für die kritische Begleitung von Planungsprozessen gelten.
Wie schon so oft müsse wir an dieser Stelle wieder nur sagen: Einer muß es ja machen (die Bürgerinnen und Bürger inhaltlich richtig informieren, das Einkaufszentrum ´eröffnen´,...) - denn eigentlich ist die kritische Begleitung solcher Prozesse, das Hinterfragen und Nachforschen ja die Aufgabe der Presse...

 

Hände wohin?
Stadtentwicklung Warst
ein

Aus der Sorge um den Erhalt der seltenen Orchideen an der Oberhagen-Kante erwächst eine echte Bewegung gegen die Perspektiven der Stadtentwicklung in Warstein. Mehr als ein Jahrzehnt lang haben Rat und Verwaltung - trotz manchmal sehr großer Bauchschmerzen - in immer wieder überraschender Einmütigkeit den Bau der B55n-Tunnel-Umgehung und die Entwicklung des Risse-Geländes als einzige Zukunfts-Chance für Warstein formuliert. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit, als Umgehungs-Lösungen wegen durchaus nachvollziehbarer, individueller Interessen besonders betroffener Bevölkerungsgruppen reihenweise über Bord geworfen wurden, wollte man lernen. Noch klingen die Worte "So weit waren wir im Verfahren noch nie" in den Ohren, da droht das äußerst ungeschickte Taktieren bei der Herrichtung der Grundsohle im Risse-Steinbruch, verbunden mit den durchaus nachvollziehbaren Sorgen um Spreng-Belastungen und mögliche Zerstörungen am Oberhagen, das Aus für die Warsteiner Zukunfts-Pläne einzuläuten. Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Schutz einer Felswand, über deren ästhetischen und ökologischen Wert gestritten werden kann. Unter dem Oberbegriff "Hände weg vom Oberhagen" kommt jetzt die Forderung auf, den Risse-Vertrag und damit die gesamte Zukunftsplanung der Stadt zurückzunehmen. Selbst einstige leidenschaftliche Befürworter reihen sich in die rasant wachsende Zahl der Kritiker ein und organisieren systematisch Widerstand. Es steht zu befürchten, dass in ihrer Begeisterung für die eigene Fähigkeit der Mobilisierung einer in Warstein für wohl alle Lösungen vorhandenen "kritischen Masse" das Kind mit dem Bade auszuschütten. Oder bringen wir es auf den Punkt: Alle sagen seit Jahrzehnten: "In Warstein muss endlich was passieren!" Da nun in Warstein endlich was passieren soll, heißt es: "So etwas darf in Warstein nicht passieren." Nein-Sagen ist legitim aber auch sehr leicht. Bleibt die Frage: "Was soll in Warstein passieren?" Oder benutzen wir einen gängigen Marketing-Slogan dieser Tage: "Hände weg!" ist okay, nur "Hände wohin?" Womöglich endet diese Stimmung angesichts des bevorstehenden Karnevals genau dort, wo es der Schlager verspricht: "Die Hände zum Himmel..."

R. Grosselohmann

Warsteiner Anzeiger, 10. Februar 2006


 
Risse-Umplanung
Bürger gestärkt

Der außenstehende Betrachter reibt sich verblüfft die Augen. Da wird seit zwei Jahren die harte Linie am Oberhagen gefahren und die Verwaltung behauptet gebetsmühlenartig, dass ohne Abbruch eines Teils der Felswand das Projekt im Risse Gelände unwirtschaftlich sei und damit sterben muss und ganz plötzlich ist alles anders. Als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, verkündet Kämmerer Beutler im Rat, dass nach der veränderten Planung der Oberhagen nun überhaupt nicht in Anspruch genommen werden muss, dass ein 30 Meter breites Fallbett unmittelbar an der Felskante die Probleme herunterfallender Steine löst. Bei aller Freude darüber, dass sich hier endlich eine echte Lösung abzeichnet, bei der das Naturschutzgebiet unangetastet bleibt, muss doch die Frage gestellt werden, warum in der Verwaltung so lange ein so harter Kurs gefahren wurde. Lag's nur an der Uneinsichtigkeit des inzwischen abgetretenen Beigeordneten? Oder muss dieses Verhalten der Verwaltung insgesamt angelastet werden? In jedem Fall wirft die Kehrtwendung ein fragwürdiges Licht auf klare Statements aus dem Rathaus und wird in Zukunft manch einen ermuntern, zu widersprechen zu Recht. Auf der anderen Seite ist die Entwicklung ein Beleg dafür, dass Bürger nicht alles widerspruchslos hinnehmen müssen. Die Mitglieder der "Initiative Oberhagen" ließen sich nicht ins Bockshorn jagen. Ihr unermüdlicher Einsatz zum Erhalt des Naturschutzgebietes ist von Erfolg gekrönt. Ihnen ist vorbehaltlos zu gratulieren. Damit dürfte gleichzeitig der weitere Weg städtebaulicher Entwicklung in Warstein vorgezeigt werden. Ein tiefer Taleinschnitt am Salzbörnchen wird ebenso wenig zu realisieren sein wie der Abbruch des Unterhagens. Und selbst bei der Wahl der B 55 Tunneltrasse dürften Bürgerinteressen plötzlich im Mittelpunkt ste¬hen. insofern hat sich das lange Warten auf die Lösung sogar gelohnt.

R. Grosselohmann

Warsteiner Anzeiger, 20. Juni 2007

 

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