WIR STELLEN DAS VERFAHREN IN FRAGE

ANSPRACHE VON WERNER BRAUKMANN AM 4. 4. 2006

 

Meine Damen und Herren,

ich spreche hier für die Initiative Oberhagen. Unser Ziel ist es, den Oberhagen zu erhalten – und ich könnte jetzt die vielen Argumente aufführen, die gegen den geplanten Abriss sprechen: Aber Sie werden die alle zur Genüge kennen. Und mir gefällt auch die Rolle nicht, in die man dann – in einer solch einseitig angelegten Informationsveranstaltung – hineingerät, nämlich als Kritiker eines Verfahrens die üblichen Gegenpositionen vorbringen zu dürfen, brav Fragen zu stellen und schön ins Protokoll aufnehmen zu lassen.

Es ist nämlich nicht so, dass wir Fragen an das Verfahren haben – es ist vielmehr so, dass wir das Verfahren in Frage stellen!

Da wird ein Projekt in Angriff genommen, das unsere Stadt wie kein anderes Vorhaben zuvor verändern würde – und die Bevölkerung erfährt praktisch nichts! Eine kurze heftige Diskussion im Rahmen der übereilten Verabschiedung des in höchsten Tönen bejubelten Generationen-Vertrags, kaum Möglichkeiten, kritisch Fragen zu stellen – und auf einmal stellt sich heraus, dass hier eine Gruppe von Unternehmern und Investoren bzw. Betreibern darangeht, Berge zu versetzen, sich die Erde im Wortsinn untertan zu machen und das Stadtbild unserer Heimatstadt gravierend – und für meine Vorstellung in erschreckender Weise – zu verändern!
Die Informationen darüber kamen von uns! Wir mussten sie mühsam den Zuständigen entlocken. Denn die Verwaltung mauerte. Die entsprechenden Gutachten, die der Öffentlichkeit zustehen, wurden einfach nicht herausgegeben, und wir erfuhren täglich etwas Neues – ein Katz-und-Maus-Spiel! (Die Verwaltung scheint eher im Interesse des Projekts als in dem der Bevölkerung arbeiten zu wollen.) Zu Zeiten, als das geplante Einkaufszentrum schon längst stehen sollte, war noch nichtmals klar, wie genau das Vorhaben eigentlich aussehen sollte, also welches neue Design man unserem geplagten Städtchen denn verpassen wollte. Ständig wurde umgeplant, ein Planungschaos.

Natürlich wissen wir, dass sich ein Planungsvorhaben im Verlauf der Planung ein wenig verändern kann. Das will ich hier nicht kritisieren – was ich aber kritisiere, ist die verdächtige Geheimhaltungspolitik, gepaart mit dem ständigen Vorwurf, unsere Informationen wären nicht korrekt, nicht seriös – oder wir hätten Vorurteile, wir wären nicht sachlich ...!
Wo wir doch nur genau hingesehen, nur genau hingelesen haben, was im Vertrag steht. (Vielleicht ist der Vertrag nicht seriös ...?) – Für dieses Vorgehen hat dann ja auch der Rat gestern der Verwaltung eine Quittung erteilt.

Jetzt liegt seit zwei Wochen endlich der lang angekündigte Bauantrag zum Abtragen der Wand vor. Aber selbst den gibt die Verwaltung nicht heraus, obwohl wir ein Recht darauf haben. Und man vertröstet die Ratsmitglieder und andere Beteiligte von einem Tag auf den anderen mit fadenscheinigen Gründen. In den letzten Tagen mit dem Hinweis, man werde ja heute eine Informationsveranstaltung abhalten. – Nun, eigentlich sollte das ja eine Ratssitzung mit Entscheidung sein! Nun schrumpft sie zu einer Informationsveranstaltung – oder sollten wir es besser beim Namen nennen?: den letzten Versuch der Planungsbefürworter und -interessenten, das Rad doch noch herumzureißen und die komplette Gegenstimmung im Ort für sich zu gewinnen oder zumindest zu neutralisieren – denn von einer schweigenden Mehrheit im Ort für dieses Vorhaben, die Herr Köster vermutet, können die Befürworter ja nur träumen!

Mit anderen Worten: Man teilt an Informationen nur zu, was einem in den Kram passt. Man behandelt die Bevölkerung wie dumme Kinder, die nicht einsehen können, was gut für sie ist, vor allem wir Warsteiner, die wir ja mit der Muttermilch das Kaputtreden und Verhindern aufgesogen haben! (Aber, meine Damen und Herren, Sie wissen, die Empfindlichkeit der Warsteiner Bevölkerung ist alles andere als eine schlechte Eigenschaft, diese Empfindlichkeit entspringt vielmehr der Erfahrung, dass das Rathaus nicht offen auf die Bürger zugeht, dass unsere Stadt seit Jahrzehnten heruntergewirtschaftet wurde, das Stadtbild zerstört, die Lebensqualität gemindert. Und immer gab es Sachzwänge, die dazu führten.)
Apropos Sachzwänge – achten Sie mal darauf, wie gleich die Herren-Riege, die Herr Hoffmann aufgeboten hat, uns erklären wird, wie unabänderlich, wie notwendig und wie verheißungsvoll alles das ist, was da im Risse-Gelände geplant ist! (Und wer nicht hören will, muss fühlen: Man kann sich auch darauf einstellen, dass dann noch wie immer das Register des Bangemachens gezogen wird, indem uns und vor allem den Ratsmitgliedern Regressansprüche an die Wand gemalt werden!)

Das Risse-Gelände ist eine wertvolle Entwicklungs-Fläche. Seit Jahrzehnten bemüht sich die Stadt, den störenden Industriebetrieb aus der Innenstadt herauszubekommen und das Gelände besser zu nutzen. Es ist gut, dass das geklappt hat. Dass da nun ein Einkaufszentrum vorgesehen ist, stößt auf viel Skepsis, vor allem, da ein Lebensmittelanbieter den Ankermarkt abgeben soll – Sie können der Bevölkerung einfach nicht plausibel machen, dass dieses Vorhaben zukunftsträchtig ist. Im Gegenteil, es gibt viel Besorgnis, ob das die Stadt nicht noch weiter veröden ließe. Aber, wie auch immer, das ist nicht der Punkt, das ist nicht unser Anliegen!

Die wenigen, die unser Anliegen nicht unterstützen, sagen immer, wir hätten etwas gegen das Einkaufszentrum, wir würden die Entwicklung Warsteins behindern, uns Visionen in den Weg stellen; vor allem die CDU scheint das zu glauben und verlagert die Kontroverse vom Oberhagen auf eben dieses Einkaufszentrum.
Tut uns leid, da läuft die Attacke ins Leere. Wir wollen lediglich den Berg erhalten, das Naturschutzgebiet, die Felskulisse, wir wollen die drohende Wiederaufnahme eines Steinbruchs bis hin zum Salzbörnchen auf Jahre mit allen störenden Belastungen abwenden – und das ist momentan der Stand der Planung. Unter der Hand hat sich seit Vertragsabschluss das Vorhaben gewaltig erweitert, so wurde z.B. aus 1000 qm naturgeschützter Fläche das Zehnfache, und enorme weitere Abtragungen sind noch im südlichen Bereich vorgesehen, wo der Suttroper Weg verlegt werden soll.

Meine Damen und Herren, wenn das, was wir als derzeitigen Stand der Planung herausgestellt haben – und was gleich sicher verharmlost werden wird –, wenn das beim Verabschieden des Generationenvertrags offen genannt worden wäre – die Planer wären ausgelacht oder dem Saal geworfen worden! Jedenfalls hätte der Vertrag keine Mehrheit gefunden! Was da als Jahrhundertvorhaben gestartet wurde, landet gerade ganz jämmerlich als Torso auf dem felsigen Boden der Tatsachen ...

Daher meinen wir: Der Rat hat damals eine Entscheidung gefällt, von deren Grundlagen sich die Planung entfernt hat. Also muss neu verhandelt werden! Vielleicht hören wir gleich sogar einiges in dieser Richtung. – (Ich darf übrigens in diesem Zusammenhang Dr. Karl-Heinz Loske vorstellen, der sich in unserem Auftrag als Umweltsachverständiger des Themas annimmt und der leider – wegen der fehlenden Antragsunterlagen – auch nur reagieren kann auf das, was er hier zu hören bekommt und daher zum Abschluss dazu einen Kommentar abgeben wird.)

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren – drei Sätze:
1. Die Warsteiner Bevölkerung lehnt weithin das Vorhaben ab.
2. Der Rat der Stadt wird sich diesem Votum nicht entziehen können.
3. Was immer auf dem Risse-Gelände gemacht wird – der Oberhagen muss erhalten bleiben!

Werner Braukmann

 

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